Neue Varianten für Hochbrücke Wismar

Für den baulichen Zustand der mehr als 700 50 Jahre alten Wismarer Hochbrücke kann man eine Metapher bemühen: Wie eine Eintagsfliege kurz vor Sonnenuntergang. Auch die bisherigen Entwürfe passen da ins Bild – sie waren Eintagsfliegen. Die Diskussion über den Ersatzneubau des maroden Bauwerks nimmt scheinbar kein Ende. Die wichtige Verkehrsader der Stadt muss abgerissen werden, das ist lange bekannt. Seit Jahren wird geplant, diskutiert, verworfen und wieder von vorne. Es gab bereits etliche Vorschläge, wie z.B. eine neue Brücke mit anderem Verlauf, ein Trogbauwerk oder ein Tunnel. Verantwortlich für einen Neubau ist das Land. Bis Ende vergangenen Jahres sollten neue Varianten des Schweriner Straßenbauamtes vorliegen, jetzt, leicht verspätet, sind sie da. Wismar News konnte exklusiv einen Blick darauf werfen.

Nein, das ist nicht die Golden Gate Bridge.
Ist kein Schnäppchen und wird nicht an einem Brückentag gebaut: Die neue Hochbrücke für Wismar. Vielleicht.

1. Variante: Die Visionäre

Dies ist die wahrscheinlich teuerste, aber auch technologisch anspruchsvollste Variante: Eine Hängebrückenkonstruktion. Entworfen wurde sie von den amerikanischen Architekten Sven Franzisko und Achim Alkitrass. Das renommierte Büro ist bekannt geworden u.a. durch den Bau der Brücke über die Köppernitz (Tierpark Wismar). Vorgesehen ist eine neuartige Hängebrücke, bisher einmalig in der Technologiegeschichte. Die etwa 600 Meter lange Stahlkonstruktion fußt auf zwei Pylonen, unzählige Nieten halten sie zusammen, Stahlseile sorgen für Stabilität. Die Rostschutzfarbe in Orange dürfte ebenfalls weltweit einzigartig sein und soll der salzigen Gischt des Mühlenteiches trotzen. Mit Kosten von ca. 600 Millionen Euro wäre sie zwar kein Schnäppchen, aber dafür ein neues Wahrzeichen für die Stadt und wahrscheinlich sogar vom Weltall aus zu sehen. Finanziert werden könnte die neue Hochbrücke u.a. durch eine Mautgebühr.

Hier wird die Brücke wortwörtlich umgangen, bzw. umfahren. Umweltschützer finden diese Variante großartig.

2. Variante: Die Ökologische

Hier kann gänzlich auf eine Brücke verzichtet werden. Der Hintergedanke soll dem Naturschutz dienen. Ist die alte Hochbrücke erst abgerissen, kann sich der Uferbereich erholen. Selten gewordene Spezies wie die Zeitungsente oder der Schmierfink können sich dann wieder im Biosphärenreservat Wallensteingraben ansiedeln. Da Wismar aber nicht gänzlich auf die Hauptverkehrsader B 105 verzichten kann, wird sie nicht über den Mühlenteich, sondern drum herumgeführt. Die neue, etwa 10 km lange Umgehungsstraße beginnt an der alten Zufahrt auf die Hochbrücke, verläuft dann aber Richtung Süden parallel zum Ufer des Mühlenteichs. Sie führt einmal um das Gewässer herum und endet schließlich auf der anderen Seite der Hochbrücke, Richtung Rostock/Philosphenweg. Diese Variante wird vor allem von Naturschützern bevorzugt, weil sie die Belange des Umweltschutzes behutsam und mustergültig aufgreift. Der BUND und Die Grünen unterstützen die Idee der asphaltierten Umgehungsstraße ebenfalls. Um die Kosten von 22 Millionen Euro realisieren zu können, sollen die Pachtgebühren der Kleingärtner angehoben werden. Das betrifft aber nur diejenigen, deren Gärten nicht plattgemacht wurden.

Eine Frage der Fähre. Die behäbige „Rosi“ würde zweimal am Tag über den Mühlenteich schippern.

3. Variante: Die Pragmatische

Auch bei diesem Entwurf wird es keine Brücke geben. Die alte Hochbrücke soll zunächst ebenfalls ersatzlos abgerissen werden. Da dann die Rostocker Straße dann eine Lücke aufweist, muss diese möglichst sinnvoll geschlossen werden, um den Verkehrsfluss aufrechtzuerhalten. Hier kommt die Idee einer Autofähre ins Spiel, um die jeweiligen Uferbereiche des Mühlenteiches zu verbinden. Fußgänger sollen Tretboote nutzen können, Fahrradfahrer nicht. Die Autofähre und beide Anleger würden aus ökonomischen Gründen auf einer Werft in Asien produziert werden. Der Hersteller von Schiffspropellern, Schottel, könnte außerdem, allein schon durch die Nähe zum Mühlenteich, währenddessen etwas Anderes produzieren. Zweimal täglich würde die Fähre verkehren, damit die Stadt infrastrukturell entlastet, aber auch ihrem maritimen Charme gerecht wird. Das Projekt würde 10 Millionen Euro kosten, finanziert u.a. mit Ticketpreisen der Fähre (100 Euro/Tageskarte). Alle drei Varianten sollen Insidern zufolge nicht dem UNESCO-Sachbeschädigungsbeirat vorgelegt werden. Auch die Wismarer Bürgerschaft wird diesmal nicht mit einbezogen, damit die Pläne zügig umgesetzt werden können.

6 Kommentare

  1. Es ist wunderbar, wie herrlich man über dieses gruselige Thema lachen kann, wenn mal jemand mit den richtigen Vorschlägen kommt.
    Man kann darüberhinaus so auch deutlich erkennen, wie sinnvoll die Tunnellösung ist.
    Vielen Dank für diese Bereicherung !

  2. Hallo, die erste Variante ist noch nicht durchdacht. Die Pylone sollte über die alte Brücke gebaut werden. Die Brücke könnte dann mit den Stahlseilen abgefangen werden und wäre so vor dem Zusammenbrechen geschützt. Die Unterkonstruktion der alten Brücke könnte dann entfernt werden und man gewönne Platz für einen kleinen Freizeitbereich am Mühlenteich.

    • Und außerdem könnte der Verkehr so lange weiter fließen, bis die neue Brücke fertig ist. Danke für Ihre konstruktiven Anregungen, wir werden sie an das zuständige Architekturbüro in den USA weiterleiten. 😉

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